Der Sissacher Künstler, Fotograf und Grafiker Claude Vuille hat jeden Entwicklungsschritt der ursprünglich analogen, heute digitalen Bildgestaltung ausgelotet und perfektioniert.

Immer auf der Suche nach neuen Formen, Farben und dem optimalen Licht. Seine Experimentierfreude ist dabei unerschöpflich. Neue Techniken werden entwickelt, spannungsvolle und komplexe Materialien bedruckt. Es entstehen Werke, die den Betrachter rätseln lässt, ob es sich um klassische Malerei, Grafik oder Fotografie handelt. Die Übergänge sind fliessend und subtil.

Durch seine Linse erhalten Objekte eine fesselnde Optik. Ist es ein Spiel mit dem Unterbewussten des Betrachters, der das Dargestellte zwar kennt, jedoch nicht weiss, wo er es einordnen und platzieren soll? Ein Wassertropfen in einem profanen Chromstahlbecken wird zu einem wilden Tier. Würde der ganze Bildhintergrund, seine Umgebung eingeblendet verlöre die Faszination augenblicklich seine Wirkung.

Das Detail – seit den Anfängen seines Schaffens zentrales Element. In nächtelangen Experimenten in der Dunkelkammer. In einer Zeit jenseits von Displays, die eine unmittelbare Korrektur noch möglich gemacht hätten. Die Spannung bei der Entwicklung des schwarz-weiss Films, wenn immer deutlicher das unwiederbringliche Fotoobjekt zum Vorschein kommt. Doch auch dieser Disziplin galt es noch mehr Ausdruck einzuhauchen. Die Werke werden handcoloriert. Dabei ist Claude Vuille alles recht was sich auf Fotopapier binden lässt. Rotwein, Kaffee, Eiweisslasuren und Eigenmixturen wurden mit Pinsel, Schwamm oder mit Händen und Füssen auf grossformatige Barytabzüge aufgetragen. Es entstanden Frauenakte voller Anmut und Surrealismus.

Das digitale Zeitalter hielt Einzug und offenbare unendliche Möglichkeiten an Spielraum für seine ausdrucksstarken verfremdeten Werke.

In seinen Reisereportagen werden Menschen in ihren Welten gezeigt. Händler auf Märkten in Marokko, wo pulsierendes Leben spürbar ist. Bretonische Korbflechter mit von Sonne und Wind gegerbten Gesichtern und von der Arbeit zerfurchten Händen. Schichtwechsel in einer Mine in Polen. Die Überkleider hängen an der Decke, lassen Schwerstarbeit, Belastung und Armut spüren. Die Fotografien von Claude Vuille erzählen die Geschichte. Bewusst fokussiert, nichts ist inszeniert, hier erzählt das Leben die Geschichte selbst. Claude Vuille versteht es Denkprozesse anzuregen, den Blick darauf zu richten was uns umgibt. Der unmittelbaren Umgebung wieder mit offenen Augen und Sinnen zu begegnen. Das Auge muss nicht suchen, es wird geführt. Hier wird das Wesentliche für das Auge sichtbar.

Text: Ursula Rolle